Keine Beziehung ohne Kompromiss?

Paar ist frustriert, weil sie sich nicht einig sind

Geben und Nehmen – drei goldene Worte, ohne die ein Zusammenleben mit dem Partner nicht funktionieren könnte. Doch wie kompromissbereit müssen wir wirklich sein? Erfahren Sie es hier, ob zu viele Kompromisse der Beziehung vielleicht sogar schaden.

Sie und Ihr Partner sind ein Herz und eine Seele – aber nicht immer einer Meinung. Sie wollen ins Kino gehen, er mit Ihnen einen gemütlichen Abend daheim verbringen. Sie möchten gerne Kinder auf dem Land großziehen, er liebäugelt mit einer Zweiraumwohnung in London. Vom täglichen Abwasch bis hin zum kompletten Umzug – ein Zusammenleben ohne Kompromisse ist für uns undenkbar. Für unseren Partner gehen wir gerne Kompromisse ein, denn seine Interessen liegen uns besonders am Herzen.

Zu viele Kompromisse – das Ende der Partnerschaft?

Für eine langfristige Partnerschaft sind Kompromisse unerlässlich. Sind aber die ersten Schmetterlinge verflogen, sinkt meist auch die Bereitschaft, die eigenen Wünsche der Liebe unterzuordnen. Ihr Partner hat schließlich genau wie Sie seine eigenen Interessen, die nicht selten mit Ihren kollidieren. Deshalb ist es wichtig, dass wir nicht nur lernen zugunsten des Partners Abstriche hinzunehmen, sondern auch unsere eigenen Interessen durchzusetzen. Wer stets versucht, den Wünschen seines Partners nachzukommen, läuft schnell Gefahr, sich selbst zu verbiegen. Fordert Ihr Partner immer wieder Dinge von Ihnen, die völlig Ihrer Natur widersprechen, sollten Sie sich vielleicht die Frage stellen, ob Ihr Partner der Richtige für Sie ist. Trotz aller Kompromisse, die Sie im Laufe Ihrer Beziehung eingehen, sollten Sie stets das Gefühl haben, dass Ihr Partner Sie so liebt und schätzt, wie Sie sind.

„Entweder ich, oder…“ – kein Kompromiss?

Bei unserer Suche nach Kompromissen spielt jedoch nicht nur die Liebe eine Rolle. Entscheidend ist auch unsere Angst, den Partner zu verlieren. Gestützt wird diese These von der Interdependenztheorie, die 1959 von den amerikanischen Psychologen John Thibaut und Harald Kelley aufgestellt wurde1. Demnach wägen wir die Vor- und Nachteile eines Kompromisses für uns ab, denken aber auch gleich eine Ecke weiter, denn nicht immer sind beidseitig-zufriedenstellende Kompromisse möglich. Die goldene Mitte lässt sich in manchen Streitfragen nur schwer finden, was nicht selten zu unausgewogenen Kompromissen führt.

Folglich müsste sich der benachteiligte Partner gegen den unfairen Entschluss wehren, doch hier kommt die Interdependenztheorie ins Spiel. Weil die Angst vor dem Alleinsein bei manchen Menschen größer ist als ihr eigenes Anliegen, geben sie häufig klein bei. In Beziehungen, in denen sie permanent zurückstecken müssen, sehen sich diese Menschen von vornherein in einer schlechten Ausgangsposition und wählen demnach das geringere Übel, um die Partnerschaft zu schützen. Dabei gilt: je unattraktiver und abhängiger wir uns von unserem Partner fühlen, desto eher sind wir bereit, unsere eigenen Bedürfnisse hinten an zu stellen. Die Folge ist eine unglückliche Beziehung, aus der wir uns nicht lösen können.

„Ich bin glücklich, wenn du es bist.“ – ein Kompromiss für die Liebe

Doch nicht immer verzichten wir aus Angst oder mangelndem Selbstwertgefühl. Viele Kompromisse kommen durch einen logischen Gedankengang zustande: erfüllen Sie den Wunsch Ihres Partners, so machen Sie ihm eine Freude. Eine sogenannte Transformation der Motivationen findet statt, die Zufriedenheit unseres Partners wird unser eigenes Anliegen. Der Ärger über den verzichteten Kinobesuch ist schnell vergessen, wenn Sie in das strahlende Gesicht Ihres Partners blicken.

Erstrebenswerter bleiben jedoch Kompromisse, bei denen beide Partner als Sieger hervorgehen. Gehen Sie beispielsweise ungeliebte Tätigkeiten wie Putzen, Abwaschen oder Wäsche aufhängen gemeinsam an. Was auf den ersten Blick aussieht, als hätten beide Partner zurückstecken müssen, entpuppt sich womöglich als Angelegenheit, die Ihren Zusammenhalt fördert. Nutzen Sie die Zeit, um miteinander zu reden und sich über den Alltag auszutauschen.

Auf die Formulierung kommt es an

Viel zu oft wird bei der Suche nach einer Lösung vergessen, dass es auch auf das „wie“ ankommt. Gerade bei wichtigen Themen neigen wir häufig dazu, unsere Forderungen mit „Ich will…“ zu beginnen. Das sollten Sie vermeiden, denn es wirkt unnötig aggressiv und gibt dem Partner von vornherein das Gefühl, dass Sie keine Kompromisse dulden. Absolut tabu sind ebenso Phrasen wie „Du sollst…“ oder „Du musst…“. Probieren Sie es stattdessen doch mit „Ich möchte gerne…“ oder noch besser mit „Ich wünsche mir, dass…“. So nehmen Sie Ihrem Partner den Druck, Ihren Wünschen unbedingt nachkommen zu müssen und schaffen eine angenehme Atmosphäre. Letztendlich steigt so auch seine Bereitschaft Kompromisse einzugehen.

Lara Schulze, eDarling Redaktion 2011

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Quellen:

– 1Thibaut, J.W. & Kelley, H.H. (1959). The social psychology of groups. New York: Wiley.

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