Geschenkestress ade – So entkommen wir dem Feiertagsfrust!

Prof. Guy Bodenmann, Psychologe an der Universität Zürich

Weihnachtszeit bedeutet für die meisten nicht nur Besinnlichkeit, sondern auch Stress. Vor allem bei der alljährlichen Geschenkefrage für den Partner wächst die Anspannung. Wie wir den Weihnachtsstrapazen entkommen, erklärt im exklusiven eDarling-Interview Dr. Guy Bodenmann, Professor für Klinische Psychologie an der Universität Zürich.

Herr Bodenmann, es gibt Studien, deren Ergebnisse zeigen, dass sich gerade um die Weihnachtszeit viele Paare trennen. Dabei gilt diese Zeit doch als sehr besinnlich. Woran liegt das?

Leider ist die Weihnachtszeit heute nicht mehr annähernd so besinnlich wie früher, sondern häufig im Vorfeld von Weihnachten eine sehr stressreiche Zeit. Es gilt neben dem üblichen Pensum vielerlei weitere Aufgaben zu bewältigen, wie Geschenke für die Familie und all die Verwandten und Bekannten zu organisieren, die Advents- und Weihnachtsdekoration zu gestalten, Weihnachtskekse zu backen usw. Das Weihnachtsfest ist dadurch überschattet und kann leicht zu einem unerfreulichen Erlebnis werden.

Welche Art von Stress wirkt auf Paare zu Weihnachten? Hat er seine Ursache im Fest an sich, oder ist er das ganze Jahr über schon da und erreicht nun jedoch seinen Höhepunkt?

Häufig ist es dieser angestaute Stress, welcher sich dann an Kleinigkeiten entlädt. Es ist nicht das Fest an sich, welches ja im Allgemeinen von der Kindheit her positiv besetzt ist, sondern eine Kumulation von Stress, die destruktiv auf Weihnachten überschwappt.

Und wie kann man dem entgegenwirken? Ist Kommunikation der Schlüssel von allem?

Konstruktive Kommunikation ist nur dann möglich, wenn die Situation dies erlaubt. Das Paar sollte daher zuerst die Grundlagen dafür schaffen. Dies kann dadurch gelingen, dass man sich bewusst darum bemüht, die Weihnachtszeit zu „entschleunigen“ und weniger wichtige Termine, Verpflichtungen und Alltagsgeschäfte zurückstellt, um dieser speziellen Zeit im Jahr mehr Gewicht und Raum zu geben. Zweitens sollte man über die Weihnachtstage darum bemüht sein, sich ganz auf die Partnerschaft oder Familie einzustellen und sich bewusst vorzunehmen, diese Tage als gemeinsame Zeit zu definieren und exklusiv zu genießen.

Welchen Ratschlag würden Sie Paaren geben, die sich zu Weihnachten mit unterschiedlichen Erwartungen, auch aus dem familiären Rahmen, konfrontiert sehen? Wie sieht eine gesunde Mischung aus Kompromissbereitschaft und Egoismus aus?

Neben eigenen Erwartungen und Erwartungen des Partners/der Partnerin treffen in der Weihnachtszeit häufig auch Erwartungen anderer, beispielsweise der Herkunftsfamilie, aufeinander. Es gilt hier häufig all diesen verschiedenen Erwartungen und Ansprüchen gerecht zu werden, was schwierig sein kann. Wichtig ist, dass man sich als Paar im Klaren ist, wie man Weihnachten gestalten möchte und stimmige Lösungen findet. Dabei spielen Kompromisse immer eine zentrale Rolle. Ohne eine gewisse Flexibilität, Großzügigkeit und Toleranz gelingt dies schlecht.

Und wenn es zum Streit kommt? Wie schaffen es Paare, ohne großen Schaden aus dem Weihnachtsfest zu kommen?

Konflikte sind wichtig und sollten ausgetragen werden. Es stellt sich an Weihnachten allerdings die Frage, ob dies der richtige Zeitpunkt dafür ist und man die Meinungsdifferenzen nicht auf nach die Festtage verschieben kann, vor allem wenn Kinder im Spiel sind. Generell gilt, dass Konflikte dann konstruktiv ausgetragen werden, wenn sich die Partner um Respekt gegenüber dem anderen bemühen, sich für die Position und die Argumente des anderen ernsthaft interessieren und einen Umgang pflegen, für welchen man sich auch vor Zuschauern nicht zu schämen braucht. Am besten gelingt dies mit Sprecher- und Zuhörerregeln. Als Sprecher soll man konkret ansprechen, was einen stört, von sich sprechen und herausarbeiten, warum die Situation für einen schlimm ist und welche Gefühle sie auslöst. Als Zuhörer sollte man aktiv, engagiert und motiviert zuhören, immer wieder zusammenfassen, was der andere einem zu sagen versucht und bei Bedarf offene Fragen stellen.

Wir sprachen bereits über hohe Erwartungen und Enttäuschung zu Weihnachten. Für viele Singles ist es die Zeit, in der sie sich stärker als sonst einsam fühlen. Wie kann ich diesem Gefühl der Einsamkeit begegnen und aus dem Fest das Beste für mich machen?

Günstig wäre sicher, wenn man sich von Familienmitgliedern oder Freunden einladen lassen könnte oder mit anderen Singles gemeinsam das Fest feiert.

Zum Abschluss noch eine persönliche Frage. Wie würde für Sie ein ideales oder gelungenes Fest aussehen?

Für mich hat Weihnachten immer noch diesen kindlichen Zauber mit Weihnachtsbaum, Liedern, Kerzenlicht, feinem Duft von Keksen und den glänzenden Augen der Kinder, wenn sie die Pakete unter dem Baum sehen. Trotz hohem Alltagsstress versuche ich diesen Zauber zu wahren, indem ich mir die Tage um Weihnachten frei nehme und dann ganz für die Partnerin und die Familie da zu sein versuche, keine Mails lese und mich abschotte. Gelungen ist das Fest dann, wenn dieser Zauber sich entfalten kann und eine gemütliche, behagliche feierliche Stimmung den Raum erfüllt.

Vielen Dank für das Interview!

Guy Bodenmann ist nicht nur Professor an der Universität Zürich, er hat zudem das Programm Paarlife entwickelt. Bei diesem Angebot werden Paare unterstützt, Strategien zur Stressbewältigung zu trainieren. Gleichzeitig hat er das Thema Stress und Partnerschaft als Autor einem breiten Publikum näher gebracht.

Buchtipp:

Bodenmann, G. (2001). Beziehungskrisen: Erkennen, verstehen, bewältigen. Bern: Huber Verlag.

Bodenmann, G. & Fux, C. (2013). Was Paare stark macht. Das Geheimnis glücklicher Beziehungen. Zürich: Beobachter Edition.

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