Interview mit Markus Lindlar: „Der beliebteste Kosename ist Schatz“

Profilfoto Markus Lindlar

Wir sind jeden Tag von tausenden Namen umgeben: Von den Namen der Arbeitskollegen über die von Prominenten im Fernsehen und in Magazinen bis hin zu den Namen des Lieblingsgetränks oder des Italieners um die Ecke. Markus Lindlar, Sprachwissenschaftler und Geschäftsführer der Namensagentur NAMBOS, beschäftigt sich tagtäglich mit Namensfindungen und erzählt, warum wir manche Namen mögen, manche ablehnen und wie sich Namen auf unser Leben auswirken.

Herr Lindlar, erklären Sie uns bitte zunächst, was eine Namensagentur genau ist. Womit beschäftigen Sie sich beruflich und wie sind Sie zu Ihrem Beruf gekommen?

„Eine Namensagentur entwickelt und überprüft kommerziell verwendete Namen für Produkte, Dienstleistungen oder Unternehmen. Ein Baustein ist dabei die Kreation, also das Erfinden neuer Bezeichnungen. Andere Bausteine sind Markenrecherchen, Sprachanalysen und Wirkungstests neuer Namen. Als Sprachwissenschaftler interessiert mich natürlich die Entstehung neuer Wörter, die möglichst einzigartig sind und fest mit einem Produkt oder einem Unternehmen verbunden sind. So ist zum Beispiel gerade ein neues Markenmode-Portal von mytoys.de unter dem von uns entwickelten Namen „ambellis“ an den Start gegangen.“

Wie wichtig sind Namen in unserem Leben und in welcher Weise beeinflussen sie uns?

„Namen sind von Anfang an von großer Bedeutung: Schon als kleines Kind wird man mit der Frage nach seinem Namen konfrontiert. Mit Produktnamen verhält es sich ähnlich: Ein guter Name erzeugt Vertrauen, weckt Bedarf und animiert zum Konsum.“

Hat unser eigener Name Einfluss auf unseren Charakter und darauf, wie wir auf andere wirken?

„In den letzten Jahren gab es einige Untersuchungen zur möglichen Diskriminierung aufgrund von unbeliebten Vornamen. So hat man in den USA festgestellt, dass Jungs mit beliebten Vornamen seltener straffällig wurden. In Deutschland konnten in Studien Vorbehalte gegenüber Kindern mit Namen wie Kevin oder Mandy erörtert werden.“

Welche Bedeutung hat der Name bei der Partnersuche? Hat der Name Einfluss darauf, ob wir einen Menschen sympathisch oder unsympathisch finden?

„Wenn man den Namen des Gegenübers erst nach dem Kennenlernen erfährt, wird die Beeinflussung nicht so ins Gewicht fallen. Trägt man jedoch als junger Mensch einen heute unzeitgemäßen Namen wie Erich oder Heinz, kann dies schon gewisse Vorurteile hervorrufen. Denn mit diesen Namen sind bestimmte Bilder im Kopf verknüpft, die auf das Gegenüber abschreckend wirken könnten.“

Wie sieht es mit virtuellen Namen aus? Wie entscheidend ist ein Nickname bzw. der Name der E-Mail-Adresse im Bezug auf die Wirkung auf andere?

„Der Nickname spielt schon eine große Rolle. Je ungewöhnlicher und einzigartiger er ist, desto mehr Neugier erweckt er und erzeugt damit auch eine höhere Aufmerksamkeit. Er ist die erste Beschreibung der eigenen Person. Es macht schon einen Unterschied, ob ich mich „Stecher2010“ oder „Amorio“ nenne. Im beruflichen oder offiziellen Umfeld sind dagegen E-Mail-Adressen mit dem eigenen Namen vorteilhafter, da sie seriöser wirken.“

Analysieren Sie für uns doch bitte den Namen „eDarling“. Welchen Eindruck vermittelt er?

„Es handelt sich hier um einen „generischen Kunstnamen“, also eine Bezeichnung, die so nicht im Wörterbuch steht, aber relativ eindeutig und einfach beschreibt, um was es geht. Das vorangestellte „e“ wurde gerade in den letzten Jahren des 20. Jahrhunderts inflationär verwendet, um die Zugehörigkeit zu den damals neuen Medien zu symbolisieren. In der Kombination mit „Darling“ wirkt es aber sehr sympathisch, nicht zu jung und eher seriös, von daher kompatibel mit dem Angebot.“

Sie haben eine Studie über die Kosenamen der Deutschen herausgebracht. Gibt es für Kosenamen Dos oder Don’ts und welcher ist der beliebteste deutsche Kosename?

„Der mit Abstand beliebteste Kosename der Deutschen ist „Schatz“ in allen denkbaren Varianten. Fast die Hälfte derjenigen, die einen Kosenamen verwenden, greift darauf zurück. Im Rahmen der Studie haben wir alles gehört, von „Ringelriemchen“ über „Pupsbär“ bis hin zu „Anaconda“. „Dicker“ oder „Papa“ werden auch gerne benutzt, allerdings gilt dies vorzugsweise für den heimischen Gebrauch. In der Öffentlichkeit reagieren gerade gestandene Männer eher ungehalten, wenn sie an der Supermarktkasse lauthals mit „Bärchen“ tituliert werden.

Gibt es den perfekten Kosenamen oder ist es besser, den richtigen Namen seines Partners zu verwenden?

„Der perfekte Kosename ist der, der in einem intimen Moment zwischen den Partnern entsteht und auch als Ausdruck für diese Intimität steht. Jeder Kosename, der inflationär und in positiven wie negativen Zusammenhängen verwendet wird, nutzt ab und wirkt irgendwann kontraproduktiv. Von daher sollte man den richtigen Namen auch noch einsetzen.“

Vielen Dank für das Gespräch!

Möchten Sie weitere Information über Markus Lindlar und seine Arbeit erhalten? Kontaktieren Sie ihn unter [email protected] oder besuchen Sie die Homepage der Namensagentur NAMBOS unter www.nambos.de.

Anna Bennemann, eDarling Redaktion

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